1938-1998: 60 Jahre Klempau-Siedlung

Der folgende Text über die Entstehung von Klempau Siedlung stammt aus der Jubiläumschronik von 1998 und wird hier mit der damaligen Rechtschreibung übernommen. Das im Text häufig vorkommende Wort „heute“ bezieht sich somit auf das Jahr 1998!

Die Aufsiedlung

Das Gut Klempau war seit Jahrhunderten eine Domäne der Herzöge von Lauenburg und später des Kreises Herzogtum Lauenburg und wurde an Landwirte ohne eigenen Hof verpachtet. Der letzte Pächter war Wilhelm Bartels, der die Pacht 1932 antrat und von insgesamt 399 ha Landfläche 281 ha bewirtschaftete. Die übrigen Flächen (u.a. die Flächen östlich des Bahndammes Richtung Blankensee) waren an Bauern aus Krummesse, Klempau und Sarau verpachtet.

Im April 1934 fragte die „Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Deutscher Osten mbH“ beim Kreisbauernführer Buddeberg an, ob die Domäne Klempau „für Siedlungszwecke und zur Gründung deutschen Bauerntums“ zur Verfügung stehe, da Klempau ja in letzter Zeit oft den Pächter gewechselt hätte. Weitere Gründe waren, daß ohne Entwässerung des Moores keine Steigerung der Produktion möglich war, der Betriebspächter jedoch keine Möglichkeit hatte, selbst die Mängel zu beheben. Somit war das Wasserproblem nur durch die öffentliche (und finanzkräftigere) Hand lösbar.

Im September 1937 stimmte der Kreis zu, „seinen Teil zur Neubildung deutschen Bauerntums durch Abgabe der Domäne“ beizutragen, unter der Voraussetzung, „daß lauenburgische Bauernsöhne als Neusiedler angesetzt würden.“ Diese sollten zudem aus kinderreichen Familien stammen. Der Hauptpächter Bartels stimmte einer vorzeitigen Auflösung seines Pachtvertrages zum 30.06.1938 zu, unter der Bedingung, daß er eine Fläche von etwa 150 ha bekäme. Auch die Landwirte Körner aus Klempau und Ahrens aus Krummesse zeigten Interesse, eine Neubauernstelle zu kaufen. Am 10.10.1937 wurde schließlich der Kaufvertrag zwischen der Siedlungsgesellschaft und dem Kreis geschlossen. 399 ha (235 ha Acker, 139 ha Weiden und Wiesen, 11 ha Holzung, 6 ha Hofraum, 8 ha Wege und Wasserläufe) und die zur Domäne gehörenden Gebäude wechselten für 237.500,- RM, die bar zu zahlen waren, den Eigentümer. Der Kreis machte dabei einen Verlust, weil der Einheitswert der Domäne bei 400.500,- RM lag, aber das war sein Beitrag, um dem 1919 verabschiedeten „Reichssiedlungsgesetz zur Neubildung deutschen Bauerntums“ nachzukommen.

Die Siedlungsgesellschaft schloß daraufhin mit Wilhelm Bartels einen Vertrag. Hierin verpflichtete sich der Pächter, 4 der damals 12 auf dem Gut beschäftigten Landarbeiterfamilien zu übernehmen, weiterhin die Naturallasten für die Kirche zu tragen (die Domäne gehörte wie auch heute noch im Gegensatz zum Dorf Klempau zum Kirchspiel Krummesse) und den Hof bei Auslaufen des Pachtvertrages am 30.06.1938 mitsamt der Ernte an die Siedlungsgesellschaft zu übergeben. Der von ihm zu übernehmende Resthof von 115 ha sollte das Gutshaus und alle auf dem Hofplatz befindlichen Gebäude sowie als Unterkünfte für die Landarbeiter das „Holländerhaus“ (heute Urigshardt), ein Landarbeiterhaus mit damals 2 Wohnungen (heute Hugo Scheller) und den Schweinestall (welches zum Wohnhaus umgebaut wurde, in dem heute Horst und Lia Ehmke wohnen) behalten. Von den Hofgebäuden sollten der Schafstall und die Feldscheune (beidseitig der Kastanienallee) auf Kosten der Siedlungsgesellschaft abgerissen werden (dies geschah wegen des Kriegsausbruches jedoch erst Jahre später).

Auf der Domäne arbeiteten bis zur Aufsiedlung neben der Familie Bartels 1 Mamsell und 2 Hausmädchen, 1 Kutscher, 4 verheiratete Landarbeiter, 3 Deputatisten, 3 verheiratete Freiarbeiter aus dem Nachbardorf Sarau, 1 Obermelker mit Frau und 2 Gehilfen sowie je 1 verheirateter Schweinewärter, Schäfer, Stellmacher und Schmied.

Die Neusiedler und Einrichtung der Siedlerstellen

Als weitere Siedler bekamen am 01.07.1938 folgende Neubauern Hofstellen:

  • Gustav Langbehn (25 ha, heute Sohn Jürgen)
  • Werner Brandt (38 ha, heute Sohn Werner; mit einem weiteren Landarbeiter, der eine Wohnung in dem heute von Klemms und Meykopffs bewohnten Doppelhaus hatte)
  • Hermann Knabjohann (24,5 ha, heute Bertha Dörfling)
  • Albert Westphal (26 ha, heute Henning David)
  • Hans Körner jun. (28 ha, heute Sohn Hans-Jürgen und Enkel Stefan)
  • Johann Kleinbongardt (25,5 ha, heute Sohn Peter)
  • Hermann Singelmann (25 ha, heute Sohn Hermann)
  • Hans Benecke (18,5 ha, heute Enkelin Edith Stein)
  • Rudolf Winterberg (28 ha, heute Sohn Werner)
  • Carl Ahrens (24 ha, heute Peter und Jürgen Winterberg)

Die Siedler kamen aus Labenz, Linau, Stubben, Trittau, Duvensee, Albsfelde, Thurow, Krummesse und Klempau-Dorf.

Außerdem waren noch 3 auf der Domäne beschäftigte Landarbeiter Siedler:

  • Walter Kunze (2,5 ha, heute Tochter Lilli Grimm-Bohnsack)
  • Karl Wellner (2,3 ha, heute Tochter Gisela Bohn)
  • Paul Galla (2,3 ha, Stellmacherstelle, heute Ernst-Albert Träbing)

Die Wohngebäude der Landarbeiterstellen bestanden bereits vorher und gehörten zur Domäne. Weitere Landarbeiterwohnungen waren in folgenden Häusern (heutige Bewohner): Hugo Scheller, Peter und Jürgen Winterberg und Klemm/Meykopf (dieses Doppelhaus hatte damals noch vier Wohnungen). Bei Walter Kunze und Karl Wellner wurde bei der Aufsiedlung lediglich jeweils eine kleine Scheune mit Stallung dazugebaut. Das Gebäude der Stelle Paul Galla bestand in der linken Hälfte aus Stallungen.

Die Siedlungsstellen für die Neubauern wurden folgendermaßen ausgestattet:

  • neue Wohn- und Stallgebäude zum damaligen Wert von 12.000 – 13.000 RM, bei den Landarbeiterstellen für 6.000 RM
  • Einzelbrunnen
  • Jauchegrube
  • Kartoffelsilo
  • Obstbäume
  • Ackerdränage, wo es notwendig war
  • Vorräte und Feldfrüchte, die bis zur nächsten Ernte reichen sollten
  • elektrischer Strom (erst mit der Aufsiedlung wurde die ehemalige Domäne an das Stromnetz vom Dorf Klempau angeschlossen!)

Gleichzeitig mußten die vorhandenen Wege aus- und weitere neu gebaut werden. Jede Hofstelle sollte mindestens 7 ha Flächen direkt an die Stelle angrenzend erhalten. Außerdem sollte jede Neubauernstelle einen Teil aus dem besser zersetzten und einen Teil aus dem weniger gut zersetzten Moor erhalten.

Der Rentengutsrezeß mit der endgültigen Besitzstandseinweisung wurde im April 1942 mit den Siedlern abgeschlossen. Weitere 13 ha wurden an Bauern aus Krummesse, Klein Sarau, Beidendorf und Klempau verkauft. Bei den meisten Siedlern erschienen die Ehefrauen als Bevollmächtigte, da die Männer schon längst im Krieg waren.

Viele der Häuser (es waren auf fast jeder Hofstelle kombinierte Wohn- und Stallgebäude) waren bei Übernahme durch die Siedler noch Baustellen: Bei Knabjohanns (sie waren die erste Familie, die in die neue Siedlung einzog) waren zwar die Wände verputzt und der Fußboden fertig, jedoch fehlten noch die Fenster. Zuerst wurden die Häuser von Langbehns, Brandts und Knabjohanns gebaut. Als diese halb fertig waren, ging es weiter mit den Häusern von Westphals, Kleinbongardts, Singelmanns und Winterbergs. Singelmanns konnten erst im Herbst notdürftig in ihr eigenes Haus einziehen. Bis dahin hatten sie im „Stall“ von Beneckes ein Notquartier. Die Wohngebäude von Hans Benecke (früher der Schäferkaten, erbaut 1900) und Carl Ahrens bestanden schon, so daß bei diesen Hofstellen lediglich noch Scheunen mit Ställen neugebaut wurden. Hans Körner sen. übernahm das Altenteilerhaus seiner Eltern im Dorf Klempau, auch hier wurde nur der Stall mit Scheune neugebaut.

Da alle Bauern verheiratet sein mußten, um einen der Siedlungshöfe bekommen zu können, wurden am 10., 17. und 24. Juni 1938 noch schnell 3 Hochzeiten gefeiert (Langbehn, Singelmann und Westphal).

Auf dem Resthof war durch die Verkleinerung der ursprünglichen Flächengröße auf ca. ein Viertel der Vieh- und Maschinenbestand nun viel zu groß. Deshalb wurde für den 06.07.1938 eine Versteigerung angesetzt, auf der die Neusiedler ihren eigenen Vieh- und Maschinenbestand aufbauen konnten. Doch einen Tag vorher brach trotz Schutzimpfung die Maul- und Klauenseuche aus, so daß die Versteigerung polizeilich nicht gestattet wurde. Die Tiere konnten zwar von den Siedlern gekauft werden, mußten jedoch erstmal im Stall der ehemaligen Domäne stehen bleiben. Das tote Inventar (Maschinen etc.) und die Pferde wurden dann am 16.07.38 versteigert.

Der Viehbestand betrug vor der Aufsiedlung:

  • 21 Pferde (Schleswiger Kaltblüter als Zugpferde für 155 ha Acker, 2 Kutschpferde)
  • 76 Milchkühe (Rotbunte Ostfriesen, später Schleswig-Holsteiner genannt)
  • 74 Jungvieh
  • 12 Kälber
  • 1 Bulle
  • 160 Mutterschafe
  • 105 Jährlinge
  • 120 Lämmer
  • 16 Hammel
  • 2 Böcke
  • 35 Zuchtsauen (Veredeltes Landschwein)
  • 20 Mastschweine
  • 35 Läufer
  • 1 Eber
  • Hühner

Davon sollten vor der Aufsiedelung versteigert werden:

  • 35 Milchkühe für je 330 RM
  • 5 Stärken für je 300 RM
  • 40 Jungvieh
  • 20 Zuchtsauen für je 125 RM
  • 12 Pferde
  • die gesamte Schafherde (welche durch die Trockenlegung des Moores überflüssig wurde)

Knabjohanns hatten drei Kühe ersteigert und weitere drei mitgebracht. Gemolken wurde zuerst noch auf der Weide – per Hand. Später wurden die Kühe von den Siedlern zur Melkzeit zu den Höfen getrieben. Wenn dann gerade zwei Kuhherden gleichzeitig unterwegs waren, konnte es zu einem großen Durcheinander führen! Im Winterhalbjahr wurden die Kühe mit Rüben, Heu, Hafer- und Roggenschrot, Haferstroh (direkt nach dem Melken), im Herbst auch mit Kartoffeln gefüttert. Die Siedler konnten auf dem Gut auch die Überreste der Zuckerrüben als Schnitzel kaufen; diese mußten vor der Verfütterung in Wasser eingeweicht werden.

Als im Juli/August die Ernte anstand, bekam jede Siedlerfamilie durch Gutsverwalter Herbert Richter ihre Parzellen Roggen, Weizen und Hafer auf den großen Ackerschlägen zugewiesen. So wurde z.B. der mannshohe Roggen mit der Sense oder mit der Flügelmaschine gemäht und die handgebundenen Garben in Hocken zum Trocknen aufgehockt. Anschließend wurden die Garben mit Leiterwagen in die lange Scheune östlich der Kastanienallee sowie auf den Boden des Schafstalles westlich der Allee eingelagert. Jede Siedlerfamilie hatte dort ihr Fach zugeteilt bekommen, bis sie selbst eine eigene Scheune gebaut hatte (bei Knabjohanns war dies z.B. 1950 soweit). Der Schafstall wurde vorerst durch Paul Galla, dem ehemaligen Gutsschäfer, genutzt, der die Schafe auf Wegrändern, Stoppeln und Wiesenwegen hütete und in der Mittagshitze und Nachts in die Scheune trieb.

Im Herbst wurden dann die Kartoffeln und Rüben in Parzellen eingeteilt geerntet, bei den Kartoffeln erfolgte das mit einem Roder, der von zwei Pferden gezogen wurde. Dann mußten sie mit der Hand aufgesammelt werden. Jeder Hofinhaber stellte hierfür eine Person zur Verfügung, so daß unter den Bauern Nachbarschaftshilfe geleistet wurde. Nun konnten die Siedler ihr erstes Erntefest feiern. Das war für alle ein großes, besonderes Ereignis!

Inzwischen war auch das eigene Land abgemessen und zugeteilt worden. Im Herbst konnten die Siedler zum ersten Mal ihr eigenes Land bestellen. Als Hackfrüchte wurden Kartoffeln, Rüben und Rotklee angebaut.

Im Winter kam dann lange Jahre der Lohndrescher Jochen Scheding aus Groß Grönau mit dem Dreschkasten, der durch einen Trecker angetrieben wurde. Das Korn wurde in Säcke abgefüllt und dann z.B. an Rautenberg in Ratzeburg verkauft. Später, als die Siedler eigene Scheunen gebaut hatten, zog Jochen Scheding von Hof zu Hof, und die Siedler halfen sich reihum. Auch die Milch wurde in Gemeinschaftsarbeit zur Genossenschaftsmeierei nach Groß Sarau gefahren: Die Milchkannen wurden an den Höfen eingesammelt und vom großen Hof 8 Tage, von Brandts 3 Tage und von den restlichen Siedlungshöfen je 2 Tage lang gefahren. Die Anzahl der Tage richtete sich nach der Hofgröße. Lediglich Westphals und Kleinbongardts brachten ihre Milch zur Meierei Klein Disnack. Im Winter wurden den Pferden Stollen in die Hufe eingedreht, damit sie die steilen Hügel bewältigen konnten. Der Weg bestand nur aus dem nackten Boden, daneben ein sehr schmaler Radweg.

Neben Hausschlachtungen und dem Obst und Gemüse aus den Gärten, die von den Siedlern angelegt wurden, dienten die Herstellung von Kartoffelmehl und Rübensirup, von Butter aus Biestmilch zur Selbstversorgung. An Lebensmitteln mußte fast nichts gekauft werden.

Der Resthof

Da der Kuhstall für die verbliebene Kuhherde zu groß war, wurde er 1938 umgebaut. Ein Teil des Stalles beherbergte nun die Sauen und Mastschweine, während der alte Schweinestall zu 2 Wohnungen (heute wohnen dort Ehmkes) umgebaut wurde. Die Kartoffeln wurden bis zur Aufsiedlung im kleinen Schuppen neben dem heutigen Kälberstall (früher der Pferdestall) gedämpft, dies konnte wegen des Reetdaches nicht in den Kuhstall verlegt werden. Eine kleine Scheune und der Schafstall (rechts bzw. links von der Kastanienallee, von der Hauptstraße aus gesehen) sollten abgerissen werden. Im Wohnhaus, das sehr renovierungsbedürftig war, wurde aus Kostengründen nur der Fußbodenbelag in Küche und Waschküche erneuert. In das Backhaus sollte das alte Kutscherehepaar einziehen.

Der Pferdebestand sollte auf etwa 8 Tiere verkleinert und dafür ein Schlepper angeschafft werden. Die Milch wurde täglich durch den 4 km langen wenig erfreulichen Weg nach Groß Sarau gefahren, was 2 Pferde für mindestens ¼ Tag beanspruchte, praktisch fielen sie für den Vormittag weitgehend aus. Deshalb war man bestrebt, die Milch von der großen Lübecker Hansa-Meierei per LKW abholen zu lassen. Verhandlungen darüber waren im Gange, die Wegefrage sollte sich nach Beendigung der Neubauten der Straßen entscheiden. Dieses wurde jedoch durch den späteren Kriegsausbruch vorerst verhindert.

Der neue Schlepper (ein 25 PS-Bulldog mit Eisenreifen) sollte zum Pflügen, Mähen und Schälen eingesetzt werden, während die Pferde zum Einfahren der Ernte genutzt werden sollten.

Die Moormelioration

Das Pumpenhaus von 1938

Für die Aufsiedlung der Domäne war der Gutsverwalter Herbert Richter, der spätere Bürgermeister von Klempau, verantwortlich. Wichtige Voraussetzung war die Melioration des Moores, da erst dann eine sinnvolle Bewirtschaftung möglich war. Diese wurde 1938 mit Hilfe des von den Nationalsozialisten eingerichteten Arbeitsdienstes in Angriff genommen. Vorher waren weite Flächen mit Rasenschmiele, Binsen und Seggen bewachsen und boten eine nur dürftige Weide, welche für Kühe unbrauchbar war. Nur der Schäfer mit seinen Schafen zog über die weiten Flächen. Bis in die zwanziger Jahre hinein (östlich des Bahndammes) und auch während des zweiten Weltkriegs wurde Torf zur Brennmaterialgewinnung gestochen. Es gab zwar vereinzelt Dränagen, aber die waren z.T. falsch, weil die Rohre fast immer zu eng waren. An Gräben waren lediglich die Grönau (Hauptentwässerungsgraben), der Schafwaschgraben und der Beidendorfer Grenzgraben (die „Aue“) vorhanden. Als erstes wurde die Grönau, die in die Wakenitz mündet, ausgebaut. Da der obere Teil der Grönau von seiner Tiefe her nicht ausreichte, um die tieferen Lagen der Moorflächen entwässern zu können, wurde ein Pumpwerk errichtet. Dann wurden die Rand- und Nebengräben gebaut, die Drängräben mühsam per Hand ausgehoben und die Dränrohre mit von Pferden gezogenen Leiterwagen verlegt. Man darf nicht vergessen, daß es damals noch keine Gummistiefel gab! Die Arbeiter trugen dicke Lederstiefel, die jeden Tag ordentlich eingefettet werden mußten, um wasserfest zu sein. Zum Schluß wurde das Moor mit Treckern, die breite Eisenräder hatten, gepflügt, schwierige Stellen sogar mit Pferden. Nach Eggen, Düngerstreuen und Walzen wurden die Flächen im Frühjahr 1939 mit Gras angesät. Dann bekam jeder Siedler seine Flächen zugeteilt.

Zur Erschließung der Grünlandflächen im Osten und Norden wurden die vorhandenen Wiesenwege verlängert. Im Westen wurde entlang der Grönau ein Weg neu angelegt. Insgesamt wurden so 129 ha Moorflächen melioriert. Gleichzeitig wurden auch 37,5 ha Acker drainiert.

Die Moormelioration bekam übrigens bei der Planung des Vorhabens das Urteil „volks-wirtschaftlich wertvoll“.

Die Siedlung 1939 – 1945

Der Beginn des zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 war für die Siedler ein Schock. Der Aufbau der Höfe steckte noch in den Anfängen, doch die meisten Ehemänner und Söhne wurden schon bald eingezogen: Gustav Langbehn, Werner Brandt sen., Albert Westphal, Johann Kleinbongardt, Hermann Singelmann, die beiden ältesten Söhne von Rudolf Winterberg, der Sohn von Carl Ahrens, Hans Bartels, Walter Kunze, Sohn Ernst von Karl Wellner und Sohn Enno von Paul Galla.

Rudolf Winterberg und Hermann Knabjohann wurden als Hofpaten eingesetzt, um den Bauernfrauen mit Rat und Tat bei allen Problemen bei Seite zu stehen. In dieser Zeit waren die Frauen auf sich selbst gestellt und bewirtschafteten neben der „normalen“ Hausarbeit auch die Äcker und Wiesen, mit Hilfe von jungen Mädchen, die ihr Dienstjahr absolvierten (meist aber lediglich die Kinderbetreuung übernahmen) und später dann auch mit Kriegsgefangenen aus Frankreich, Polen und Rußland. Jeder Siedlungshof bekam 1 Franzosen und später 1 Polen/Russen zugeteilt. Die Franzosen übernachteten in der Scheune des späteren Lebensmittelgeschäftes Jansen („Franzosenlager“) und wurden von Carl Ahrens beaufsichtigt. Die Polen und Russen wohnten direkt auf den Höfen. Um genügend Feuerung zu haben, wurde in den Kriegsjahren wieder Torf im Moor gestochen.

Am 07.11.1939 fand durch den Regierungs- und Kulturrat Dr. Streif als Kulturamtsvorsteher, Direktor Otto Schülke von der Siedlungsgesellschaft und Herbert Richter als Gutsverwalter eine Besichtigung der einzelnen Siedlungshöfe statt. Hierbei wurden von den Siedlern verschiedene Baumängel angegeben, die noch zu beheben waren: so z.B. undichte Giebel und Keller, Wasser in den Kartoffelsilos, fehlende Jauchegrube u.a. Auch die Obstbäume auf den Siedlerstellen sollten noch im Herbst gepflanzt werden. Die Vermessung der Flächen war noch im Gange.

Die Siedlung war vom Krieg auch direkt betroffen. Mit den Luftangriffen auf das ca. 12 km entfernte Lübeck wurde eine Flak (Flugabwehrkanone) westlich von Winterbergs am Waldrand eingerichtet, und so manche Bombe wurde auch über Klempauer Gebiet abgeworfen.

Mit Kriegsende im Mai 1945 kamen viele Flüchtlinge ins Dorf. Von Klempau mußten zwei Flüchtlingstrecks aus Pommern aufgenommen werden, und die Flüchtlinge (vor allem Frauen und Kinder sowie alte Leute) wurden auch auf die Siedlungshöfe verteilt. Jede Siedlerfamilie mußte, je nach Platzverhältnissen, eine bestimmte Anzahl Leute (meist 2-3) aufnehmen. Der Resthof hatte ca. 40 Flüchtlinge (in jedem Zimmer 1 Familie) zu beherbergen. Während des Sommers campierten viele Angehörige des Gumtower Trecks im Kuhstall auf dem Resthof. Auch im Holländerhaus fanden mehrere Familien eine Unterkunft (Werths; Sagers, Köllers). Die meisten Flüchtlinge kamen aus der Landwirtschaft, und so arbeiteten sie auf den Höfen mit und bekamen dafür Lebensmittel. Da die Zwangsarbeiter gleich nach Kriegsende wieder in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren, wurde die Arbeitskraft der Flüchtlinge auch gebraucht. Doch war die Einwohnerzahl Klempaus schlagartig um das dreifache angestiegen, und so reichten die Lebensmittel oft kaum aus, um alle satt zu bekommen.

So manche Flüchtlinge blieben in Klempau. Sie konnten später im Dorf Klempau bauen (Bismarck- und Rosen-Siedlung; z.B. Colbergs, Koops, Sagers, Moeks, Seekers, Anita Gumm verh. Rehbock, Hilde Neumann verh. Dörfling) oder blieben in der Siedlung (Klemms) und fanden auf dem Resthof eine dauerhafte Anstellung (wie Günther Köller und Horst Werth). Weitere Flüchtlinge heirateten in Klempau (z.B. die Siedlertochter Bertha Knabjohann Willi Dörfling, der nach der Entlassung aus der Gefangenschaft auf dem Resthof Arbeit fand).

Es kehrten jedoch nicht alle Männer der Siedlungshöfe aus dem Krieg zurück: der einzige Sohn von Carl Ahrens, Hans Bartels, Werner Brandt sen., Walter Kunze und Ernst Wellner waren gefallen. Hermann Singelmann sen. kam im September 1946 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Er war hinter dem Ural in einem Kalibergwerk als Zwangsarbeiter eingesetzt.

Die Siedlung ab 1945 bis heute

Nachdem sich die Lage auf den Höfen nach den Nachkriegswirren wieder beruhigt hatte und die meisten Flüchtlinge fort oder in eigene neu gebaute Häuser gezogen waren, konnte die Weiterentwicklung der Siedlung betrieben werden. 1954 wurde zur großen Freude aller Siedlungsbewohner die Straße vom Dorf Klempau bis Klein Sarau ausgebaut und asphaltiert. Die Befestigung der Straße von der Siedlung bis zum Dorf hatte eigentlich schon mit der Aufsiedlung geschehen sollen, wurde jedoch durch den Kriegsausbruch unterbrochen. Vorher war die Siedlung nur durch elende Sandwege zu erreichen gewesen. Im Sommer waren sie sehr staubig und dienten den Siedlungskindern als Spielplatz. Im Winter, bei Regenwetter war ein Durchkommen kaum möglich. Große, tiefe Pfützen bedeckten die Straße, besonders auf dem Streckenabschnitt Brandt – Kleinbongardt.

Auch die Technik hielt in der Landwirtschaft ihren Einzug. Nun kauften auch die Siedler ihren eigenen Trecker, und die Pferde wurden immer weniger als Zugtiere beim Pflügen, Ernteeinfahren u.a. benötigt. Auch die Handarbeit ging immer weiter zurück. Es gab Selbstbinder zum Stroheinfahren, Heuwender, Kartoffelroder, und die Kühe wurden mit der Melkmaschine gemolken. Die Milch wurde direkt von den Höfen abgeholt und in der Lübecker Hansa-Meierei verarbeitet. Das Korn wurde für alle Neusiedler von Albert Westphal mit seinem selbstfahrenden Mähdrescher gedroschen, auf große Wagen verladen und von den großen Getreidefirmen abgeholt, wenn es nicht selbst verwertet wurde.

Durch den Kauf von Autos war auch die Bewältigung von größeren Entfernungen kein Problem mehr. Auf den Höfen wurden Scheunen und z.T. Schweineställe neugebaut, und die Kühe (alle Höfe hatten Anbindeställe) von 12 auf 18-20 aufgestockt. Mancher Siedler baute eine automatische Entmistungsanlage in den Kuhstall ein.

Kleinbongardts, Singelmanns, Langbehns und Winterbergs bauten Altenteilerhäuschen für die erste Siedlergeneration, die ihre Höfe nun in jüngere Hände übergaben. Auf den Höfen gab es neben der Übergabe an die nächste Generation auch Eigentümerwechsel: Der älteste Winterberg-Sohn Helmut übernahm den Hof von Carl Ahrens. Später war der Hof verpachtet, bis Anfang der Achtziger seine Söhne Jürgen und Peter Winterberg den Wohntrakt zu zwei Wohnungen für ihre Familien umbauten. Albert Westphal verkaufte seinen Hof in den Siebzigern an Henning David.

Das Doppelhaus von Klemm/Meykopf mit damals 4 Wohnungen gehörte nach der Aufsiedlung der Gemeinde Klempau, welche die Wohnungen an Bedürftige vermietete. In den Siebzigern wurde je eine Hälfte an die jetzigen Eigentümer verkauft. Auch das ehemalige Holländerhaus bekam mit Uhrigshardts Mitte der Siebziger neue Eigentümer.

Die Siedlung wurde durch weitere Hausneubauten vergrößert: Anfang der Siebziger bauten die auf dem Resthof beschäftigten Günther Köller und Horst Werth ihre eigenen Häuser. In den achtziger Jahren bauten Davids ein neues Einfamilienhaus neben dem alten Wohn-Wirtschaftsgebäude. Auf dem Kleinbongardtschen Hof wird z.Z. ein weiteres Wohnhaus in Eigenarbeit erstellt. Zwischen Bohns und Köllers baute mit Birgit und Franz Haack die dritte Siedlergeneration neu. Manche der Altenteiler- oder Siedlungshäuser sind heute an Familien vermietet, die neu nach Klempau gezogen sind.

1975 wurde die Siedlung von einem schlimmen Großfeuer betroffen: Im Spätsommer brannte der reetgedeckte Kuh- und Schweinestall auf dem Resthof nieder. Zum Glück konnte ein Übergreifen der Flammen auf die benachbarte Scheune verhindert werden. Das Flammenmeer war weithin zu sehen.

Durch ein weiteres Feuer brannte der durch die Reitergemeinschaft „Tannenhof“ genutzte Stall von Beneckes 1984 ab.

Die Entwicklung in der Landwirtschaft brachte es mit sich, daß die meisten Nachkommen der Siedlungsgeneration heute längst nicht mehr von der Bewirtschaftung ihrer Höfe leben können. Trotzdem wohnen sie noch auf ihren Höfen. Doch nun ist die Siedlung keine Bauernsiedlung mehr, sondern ist fast zu einer Wohnsiedlung geworden. Von den 10 Siedlungshöfen und dem Resthof wirtschaften nur noch Hans-Jürgen Körner mit Sohn Stefan, Karl Bartels (in Form einer GbR mit Harald Kipp aus Krummesse) und Henning David (in Verbindung mit einem Viehhandel) als Vollerwerbsbetriebe. Peter Kleinbongardt und Jürgen Langbehn bewirtschaften ihre Höfe im Nebenerwerb; Jürgen Langbehn hat zusammen mit Sohn Kai einen Landmaschinenhandel mit Reparaturwerkstatt aufgebaut. Die übrigen Hofeigentümer haben ihr Land verpachtet, verkauft oder beherbergen kleine Reitställe in den ehemaligen Kuh- und Schweineställen.

60 Jahre sind seit der Aufsiedlung vergangen – und für alle Neusiedler ist Klempau schon längst Heimat geworden!

Text: Elisabeth Bartels unter Mitwirkung von Lisa Sawinski, Berta Dörfling und Werner Winterberg

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